In Leipzig eskalierte die Gewalt zwischen Rocker der Hells Angels und United Tribuns. Der Prozess gegen Leipziger Hells Angels Member läuft unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen. Am 25. Juni vor einem Jahr spielen sich auf der Leipziger Eisenbahnstraße Szenen wie in einem Actionfilm ab:
Etwa 20 Mitglieder der Rockergang Hells Angels MC Leipzig kreuzen an jenem Samstagnachmittag auf dem Freisitz eines Bistros auf, das der verfeindeten Straßengang United Tribuns Iron City zugerechnet wird. Ein Anwohner alarmiert gegen 15 Uhr die Polizei. Die ersten Beamten sind schnell zur Stelle und sprechen die Höllenengel als Gefährder an, um für Ruhe zu sorgen. Währenddessen tauchen Mitglieder der United Tribuns auf, es wird gestritten, Gegenstände fliegen. Einer der Hells Angels schubst einen Kommissar beiseite. Dann wird scharf geschossen, mindestens neunmal. Ein Anwärter der United Tribuns, der 27-jährige Türke Veysel A., stirbt wenig später auf der Intensivstation einer Leipziger Klinik, er wurde durch sieben Schüsse getötet. Zwei weitere Tribuns Mitglieder werden mit Bauchschüssen im Kugelhagel schwer verletzt. Erst ein Großaufgebot der Polizei kann das Duell der Rivalen stoppen, 14 Hells Angels werden festgenommen.
Jetzt hat das Landgericht Leipzig die Anklage der Staatsanwaltschaft Leipzig zugelassen: Der Prozess beginnt unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen am 17. Juli. Schon jetzt sind 36 Verhandlungstage bis in den Januar 2018 angesetzt. Weitere Termine können folgen. Auf der Anklagebank sitzen laut Landgericht vier Mitglieder der Hells Angels Leipzig. Unter ihnen sind der mutmaßliche Todesschütze, der 31-jährige Stefan S., und der frühere Präsident des Leipziger Charter, Marcus Matz Er soll laut Ermittlern noch auf das angeschossene Opfer eingetreten haben.
Gefahr weiterer Eskalation
Angeklagt sind zudem zwei weitere Hells Angels von 40 und 45 Jahren. Die Staatsanwaltschaft wirft den vieren gemeinschaftlichen Mord aus niederen Beweggründen und zweifachen versuchten Mord vor – die Schüsse seien eine gezielte Racheaktion gewesen. Das Landgericht hat indessen bereits signalisiert, dass die drei Angeklagten, die nicht geschossen haben sollen, weniger scharf verurteilt werden könnten.
Klar ist, dass der Prozess unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen ablaufen soll – „aufgrund des erheblichen öffentlichen Interesses, aber auch des möglichen Konfliktpotenzials der beiden Gruppierungen“, so ein Sprecher des Landgerichts. Schon nach den tödlichen Schüssen auf offener Straße warnte das Innenministerium in einer Lageeinschätzung vor Racheakten. Es bestehe „ein erhöhtes Vergeltungsrisiko durch die United Tribuns, sowie wechselseitige Machtdemonstrationen“, hieß es Ende Juni. Und: „Der Getötete gehörte einem ethnischen und religiösen Milieu an, in dem Blutrache praktiziert wird“, so das Ministerium weiter. „Die aktuelle Entwicklung birgt die Gefahr einer weiteren erheblichen Eskalation der Gewalt.“
Bisher kam es nicht dazu. Die Leipziger Hells Angels hat sich kurz nach der Schießerei offiziell aufgelöst. Vereinsheim und Internetpräsenz verschwanden. Veysel A. wurde bei einem Trauermarsch von den etwa 150 Tribuns Anhängern verabschiedet – weitgehend friedlich, aber unter großem Polizeiaufgebot. Hintergrund der Schießerei waren offenbar Revierkämpfe. Die 2004 gegründeten United Tribuns mit Anhängern verschiedener Nationalitäten versuchen massiv, Einfluss zu gewinnen, auch in der Leipziger Eisenbahnstraße. Bayerns Verfassungsschutz warnte bereits vor einem „erheblichen Konfliktpotenzial“, wenn Gebietsansprüche und Vormachtstellungen etablierter Rockerklubs angegriffen würden.
Hells Angels Boss Marcus Matz war nach der Schießerei abgetaucht und wurde per europaweitem Haftbefehl gesucht. Nach einem Insidertipp nahm ihn die österreichische Spezialeinheit Cobra Anfang Januar im Hells Angels Clubhaus in Wien fest. Er wurde vier Wochen später nach Leipzig überstellt und sitzt seither in Untersuchungshaft – wie auch die anderen drei Angeklagten.
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