Angeklagter schweigt aus Angst vor Hells Angels

Hells Angels Boppard
Vor dem Landgericht blieb die Berufung eines Mitglieds einer litauischen Bande, die sich auf den Diebstahl hochwertiger Spezialfahrzeuge verlegt hat, ohne Erfolg.

Keinen Nachlass im Strafmaß gab es vor dem Landgericht für das 44-jährige Mitglied einer litauischen Bande, die sich auf den Diebstahl hochwertiger Baufahrzeuge spezialisiert hat. Dem Mann, Vermessungsingenieur von Beruf, wird vorgeworfen, das Gelände eines Bad Kreuznacher Betonunternehmens ausgekundschaftet zu haben, von dem dann ein Betonmischfahrzeug gestohlen wurde. Zudem soll er sich in Büchenbeuren am Flughafen Hahn mit einem gefälschten Pass in einem Hotel einquartiert haben. Auch dieser Aufenthalt steht wohl eng mit dem Diebstahl in Zusammenhang.

Denn der Flughafen Hahn spielte offenbar bei den Geschäften der Bande eine zentrale Rolle. Dort hat der Präsident des Charter Boppard der Rockergruppe Hells Angels den Hangar 979 gemietet, wie während der Verhandlung bekannt wurde. Der Boss der litauischen Bande gehört in seiner Heimat offenbar ebenfalls den Hells Angels an. Auf jeden Fall wurde der Betonmischer aus Bad Kreuznach in diesen Hangar gebracht, dort umlackiert und mit neuen Fahrzeugidentifikationsnummern versehen.

Anschließend sollte der Betonmischer nach Antwerpen gebracht und von dort nach Ägypten verschifft werden. Dazu kam es nicht mehr, weil der Fahrer des Betonmischers und der ihn in einem Pkw begleitende Angeklagte in Luxemburg verhaftet wurden. Die Täter hatten beim „Frisieren“ des Fahrzeugs in dem Flughafen-Hangar einen versteckten Peilsender übersehen, mit dessen Hilfe die Polizei das Fahrzeug finden konnte. Vom Amtsgericht Bad Kreuznach war der Angeklagte wegen schweren Bandendiebstahls zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt worden.

Mit seiner Berufung vor dem Landgericht wollte er eine mildere Strafe erreichen und verwies auf seinen Komplizen, der vor 14 Tagen vom Amtsgericht zu einem Jahr und zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden war. Dies lehnten sowohl Staatsanwältin Marina Mesenholl wie auch die Vorsitzende Richterin Lisa Jacobi ab. Der Angeklagte habe eine „organisatorisch bedeutendere Rolle“ gespielt als sein Mittäter.

Vor allem aber habe er keine weitere Aufklärung des Falles ermöglicht und auch keine Hintermänner benannt. Der Angeklagte hatte dazu beteuert: „Ich muss auch an die Sicherheit meiner Familie denken. Deswegen kann ich keine weiteren Angaben machen.“ Er räumte nur das ein, was die Ermittler ohnehin schon selbst herausgefunden hatten. Seinen Komplizen will er erst am Abend vor der Abfahrt kennengelernt haben. „Dieser, wie heißt er noch?“, nannte er ihn in seiner Aussage. Der Mann, von dem er den Falschen Pass bekommen hatte, habe nichts mit der Bande zu tun. Die Person, die ihn mit der Tat beauftragte, will er bis heute nicht nennen. So drehte sich die Anhörung des Angeklagten im Kreis, obwohl die Richterin ihm klar machte, dass dann auch die Chance auf eine Abkürzung der Strafe geringer werde. Dazu der Angeklagte: „Das weiß ich.“

In den Gerichtssaal wurde er in Handschellen geführt. Er sitzt zurzeit in der Justizvollzugsanstalt Rohrbach. Dem Antrag seines Verteidigers Ulrich Endres (Frankfurt), den Haftbefehl außer Vollzug zu setzen, folgte das Gericht nicht: Der Angeklagte bleibt in Haft, die bisherige Haftzeit wird allerdings auf das Strafmaß von zwei Jahren und sieben Monaten angerechnet.

Germany - AZ.

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