Bandidos Rocker Prozess in Hagen

Am Montag ist der Prozess gegen sechs Bandidos Mitglieder vor den Landgericht Hagen (NRW) gestartet. Das Gerichtsgebäude war durch massive Polizeipräsenz gesichert, Zuschauer durften erst nach einer intensiven Kontrolle in den Saal. Im Prozess geht es um den Rocker-Krieg in Hagen zwischen den verfeindeten Gruppen Bandidos MC und den Freeway Riders, die seit mehr als 45 Jahren in Hagen präsent sind.

Prozessauftakt im Rocker-Krieg von Hagen

Die Staatsanwaltschaft wertet die Bandidos als kriminelle Vereinigung, deren Ziel es sei, ihren Machtanspruch mit Gewalt durchzusetzen. So geht es um zwei versuchte Tötungsdelikte, in beiden Fällen sollen Schüsse auf Mitglieder der Freeway Riders abgegeben worden sein. Staatsanwältin Julia Frehse sieht die Angeklagten als Teil einer straff organisierten Einheit, die mit Befehl und Gehorsam Straftaten anordnet, um die Freeway Riders und andere Motorrad- und Rockergruppen aus Hagen zu vertreiben.

So sei im Jahr 2018 ein Überwachungssystem etabliert worden, um Mitglieder, Sympathisanten oder mutmaßliche Rivalen zu melden, um diese einzuschüchtern. Schon ein „falscher“ Aufkleber auf dem Auto hätte dafür ausgereicht. Brisant: Der damalige Präsident des Bandidos Chapter war früher selbst bei den Freeway Riders, soll dort noch immer einen Spitzel gehabt haben, der Interna weitergeleitet hatte. Es soll sogar eine Foto-Datenbank von Freeway Riders Mitgliedern gegeben haben, um sie schnell ausfindig zu machen.

Sechs Angeklagte – alle schweigen

Nicht ein einziger der sechs Angeklagten – Carlo T. (46), Björn K. (40), Abdullah Ü. (33), Thomas S. (53), Nicolas Daniel B. (27) und Filat G. (32) – hat zu Prozessbeginn eine Aussage machen wollen. Sie alle haben geschwiegen. Lediglich einer der Verteidiger, Reinhard Peters, hat eine Erklärung im Namen seines Mandanten verlesen. Und Die sorgt für weitere Rätsel, denn: Sie geht zunächst auf die Geschichte der Rockerbewegung ein sowie auf das krude Gerechtigkeitsverständnis, das sich aus der Geschichte ergeben habe.

Die Motorradclub-Bewegung sei in den 1930ern in den USA entstanden und nur durch Zufall und wegen eines vermeintlichen Medien-Hypes sei der Mythos von „gewalttätigen Rockern“ entstanden. Rocker hätten ein eigenes Verständnis für Gerechtigkeit, das auch Gewalt beinhalte. Zwar sei aus Sicht eines normalen Bürgers diese Parallelgesellschaft nicht zu verstehen, doch diesen Regeln hätten sich alle Mitglieder freiwillig unterworfen. Verteidiger Peters: „Man kann ganz sicherlich von einer Subkultur sprechen, aber nicht von einer kriminellen Vereinigung.“

Verteidiger: „Umbringen wollten sich die Beteiligten ganz sicher nicht“

Denn solche ähnlichen Phänomene gebe es auch bei den schlagenden Burschenschaften oder auch bei Fußball-Ultras. Der Jurist erläutert: „Versuchen Sie mal, im fremden Trikot in den Block von Ultras zu kommen. Da gibt es auch was auf die Nase.“ Dazu komme, dass einige Protagonisten im Rocker-Krieg früher enge Freunde gewesen waren. Daraus hätten sich Streitereien ergeben, die auch zu Gewalt geführt hätten.

Doch der Jurist sagt auch: „Es gab niemals einen Alleinvertretungsanspruch. Und umbringen wollten sich die Beteiligten ganz sicher auch nicht gegenseitig. Das wird das Verfahren zeigen.“

Der Prozess wird fortgesetzt. Zum Hintergrund der Taten:

Im Juni 2018 stürmten drei der Angeklagten mit weiteren Bandidos in das „Privilege Lounge“ in Hagen. Hier trafen sie auf einen Mann, der ein T-Shirt mit der Aufschrift „81 Supporter“ trug, was auf seine Unterstützung der Hells Angels hindeutete. Sie sollen ihn gezwungen haben, das T-Shirt auszuziehen, was er nicht sofort tat.

Am 28. September 2018 spitzte sich der Rocker-Krieg in Hagen weiter zu. Fünf der Angeklagten sollen an der Ecke Bergischer Ring/Bergstraße das Auto eines Freeway Riders entdeckt haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Bandidos den Plan fassten, den verfeindeten Rocker zu töten. Dazu waren zumindest zwei von ihnen mit Schusswaffen ausgerüstet.

Als der Freeway Rider versuchte mit seinem Wagen zu flüchten, sollen die Bandidos mit Schlagstöcken auf den Wagen geschlagen haben. Abdullah Ü. soll mindestens einmal auf den Flüchtenden geschossen haben.


Holland - MRB.

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