Kölner Hells Angels Prozess

Es war eine Videoschalte mit gehöriger Brisanz. Im Kölner Landgericht wurde am Donnerstag ein ehemaliges Mitglied der Kölner Hells Angels im Prozess vernommen, der in der Türkei wegen Mordes zu einer Haftstrafe von 43 Jahren verurteilt worden war.

Die Zeugenaussage nutzte der 31-jährige Ibrahim K., um seine Komplizen, darunter seinen Bruder, zu entlasten. Den Angeklagten in Köln wird gemeinschaftlicher Mord in der Nippeser Kneipe „No Name“ im Jahr 2015 vorgeworfen.

Landgericht Köln: Videoschalte in die Türkei

Bildschirme und eine große Leinwand zeigten den Zeugen in Saal 210 des Köllner Justizgebäudes, wie er mit hellblauem Hemd bekleidet in einem Büro der türkischen Haftanstalt Izmir saß, in Reichweite ein Staatsanwalt, der dem Kölner Richter Jörg Bern die Spielregeln vorgab. „Alle Fragen laufen über mich, ich muss diese freigeben“, übersetzte eine Dolmetscherin den türkischen Kollegen. Offensichtlich zähneknirschend akzeptierte Richter Bern dessen Vorgaben, verwies aber darauf, dass dies nicht der deutschen Strafprozessordnung entspreche.

Häftling in der Türkei schildert Bluttat in Kölner Kneipe „No Name“

Bern bat den Zeugen daraufhin, den Tatablauf in freien Worten zu beschreiben. Der erzählte, dass eine Bande von Albanern in der Shishabar „Hangover“ auf der Bonner Straße, die sein Bruder betrieb, die Geldautomaten aufgebrochen und mehrere Tausend Euro erbeutet hätten.

Durch einen Tipp habe man dann erfahren, dass die Täter sich in Nippes aufhielten. Also habe man die Bandenmitglieder dort aufgesucht, um das Geld zurückzufordern, wenn nötig mit dem Einsatz von Gewalt. Niemals habe es aber den Plan gegeben, jemanden zu töten, sagte der Zeuge.

Zu viert sei man am „No Name“ aufgetaucht, mit dabei war auch Erkan A., der ehemalige Anführer des Kölner Hells Angels C-Town Charter. Nachdem er dem Wirt am Eingang begegnet sei und diesen bedroht habe, sei in der Kneipe ein Tumult ausgebrochen. Ibrahim K. führte aus, eine mitgeführte Waffe gezogen und diese einem der Kontrahenten auf den Kopf geschlagen zu haben. Dabei habe sich ein Schuss gelöst. Seine Begleiter wären danach einfach abgehauen.

Mord in Kölner Kneipe: Wer gab die tödlichen Schüsse ab?

Dass Ibrahim K. es war, der die weiteren und in einem Fall auch tödlichen Schüsse abgab, dazu schwieg er ausdrücklich. Er wolle sich mit seiner Aussage nicht selbst belasten und müsse das auch nicht, wie sein Rechtsanwalt Udo Klemt dem Mandanten versicherte.

Der Zeuge sagte, dass er die Tatwaffe nicht an seine Mitstreiter weitergegeben habe und die Pistole hinterher im Rhein entsorgt hatte. Danach sei er in die Türkei geflüchtet. Hier war Ibrahim K. 2016 in eine Schießerei mit vier Toten verwickelt, darunter ein Polizist. Seitdem sitzt er in Izmir in Haft.

Polizist getötet bei Schießerei in Türkei: Kölner Ex-Hells-Angel zu 43 Jahren Haft verurteilt

„Der Anklagevorwurf der Mittäterschaft eines Tötungsdelikts dürfte sich durch diese Aussage erledigt haben“, sagt Rechtsanwalt Mustafa Kaplan, der den Bruder von Ibrahim K. verteidigt. Wie glaubwürdig die Angaben des Mannes sind, der in der Türkei womöglich noch vier Jahrzehnte im Gefängnis verbringen muss und wenig zu verlieren hat, muss nun das Kölner Gericht bewerten.


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